Siegfried Fuchs, Bad Neustadt/Saale, im Mai 2024
„Oh weh, da bin ich aber sehr erschrocken!!“
Das ist in der Regel die Reaktion von Verwandten, Freunden, Bekannten, wenn ich ihnen per WhatsApp schreibe, dass ich jetzt auf der Palliativstation des St. Josef-Krankenhauses bin. Und früher hätte ich auch so reagiert. Aber dann kann ich beruhigen: „Nein, es geht hier nicht um meine letzten Tage hier auf Erden!“
Mir wird schon vor der Aufnahme in die Abteilung für Palliativmedizin durch die SAPV (spezialisierte ambulante Palliativversorgung) erklärt, dass ein Aufenthalt auf der Palliativstation nicht nur für die Zeit des Sterbens da ist, sondern bereits weit vorher das Ziel hat, dafür zu sorgen, dass die Lebensqualität während der Erkrankung möglichst hoch ist. Und dass man auch mehrfach auf der Station sein kann, wenn es die Situation fordert.
Für mich ist die Palliativstation des Krankenhauses St. Josef ein großer Glücksfall!!
Vor drei Jahren bekomme ich die Diagnose: Prostatakrebs, unheilbar! Metastasen in zwei Rückenwirbeln, am Beckenknochen und in einem Lymphknoten, der mir einen Harnleiter abdrückt, was zu einer sehr schmerzhaften Nierenstauung führt. Drei Jahre lang kann ich mit Medikamenten und einer Harnleiterschiene einigermaßen unbehelligt leben. Dann, vor zweieinhalb Monaten: starke Rückenschmerzen, OP an der Wirbelsäule, Bestrahlung, Chemotherapie.
Über den Sozialdienst einer Klinik wird Kontakt zum SAPV Team aufgenommen, das mich als Patienten nach der Klinikentlassung ambulant palliativmedizinisch betreut. Ein Glücksfall, da mich diese kompetente ambulante Rundumversorgung in verschiedener Hinsicht sehr entlastet. Und diesen Dienst ruft meine Lebensgefährtin an, abends um halb elf Uhr, als ich einen Tag lang völlig von der Rolle bin und sich keine Besserung abzeichnet. Nach der Bestrahlung und während der Chemotherapie geht es mir plötzlich miserabel! Übelkeit, Desorientierung, Weinanfälle, …
„Wären Sie mit einem Aufenthalt in der Palliativstation einverstanden? In der Abteilung in Schweinfurt ist gerade ein Bett frei.“, werden wir gefragt. Große Erleichterung! Ja – wir sind einverstanden. Das ist die beste Lösung.
Der Glücksfall für mich:
Mein Zustand bessert sich rasant. Es kehrt große Ruhe ein. Mein Blutdruck ist bei 120/79; zuvor in den Kliniken immer deutlich höher. Übelkeit spielt keine Rolle mehr. Wenn vom stationären Palliativteam jemand ins Zimmer kommt und mich fragt: “Wie geht es Ihnen?“, dann will er/sie es wirklich hören!!! Es wird sogar nachgefragt! Das hatte ich in den Kliniken vorher so nur sehr selten erlebt.
Die ganze Begleitung, pflegerisch, medizinisch und therapeutisch (Physiotherapie, Musiktherapie, Kunst- und Atemtherapie, Seelsorge und Hospizbegleitung) bezieht die Seele mit ein bzw. setzt sie sogar an die erste Stelle.
Für mich ist es ein Gesundwerden, auch wenn ich im klassischen Verständnis eine unheilbare Erkrankung habe.
Aber die Seele ist für mich im Zentrum des ganzen Geschehens.
Und die ist hier gesund geworden.