
Mitmenschen in unserer Nähe wahrnehmen
Johannes Paul II. hat auf den Krakauer Auen zum Ausdruck gebracht, indem er uns das Geheimnis der
Barmherzigkeit Gottes nahe gebracht hatte, dass es von einem Menschen nur soweit zu erkennen sei, soviel er sich
selbst im Geiste der Gegenliebe zu den Mitmenschen innerlich verwandelt. Dem Heiligen Vater geht es darum, dass
wir das Geheimnis der Barmherzigkeit entdecken und im Alltag danach leben, also, dass wir uns bei der
Gewissenserforschung abends auf die von Jesus einmal gestellte Frage Antwort geben: Wer ist denn mein
Nächster? Er hat wohl selbst die Frage beantwortet und hervorgehoben: Man braucht eine neue Phantasie der
Liebe, um den Nächsten nahebei wahrzunehmen. Dieser liebevolle Blick ist notwendig, um auf den Bruder und die
Schwester an unserer Seite aufmerksam zu werden, die durch Verlust der Arbeit, der Wohnung, der Möglichkeit, die
Familie würdig zu unterhalten und für die Ausbildung der Kinder zu sorgen, ein Gefühl der Verlassenheit, der
Verwirrung und der Mutlosigkeit verspüren. Die Phantasie der Nächstenliebe ist notwendig, um den in materiellen
und geistlicher Hinsicht vernachlässigten Kindern zu helfen, um jenen jungen Männern und Frauen nicht den
Rücken zu kehren, die in der Welt verschiedenartigster Abhängigkeiten und der Kriminalität verstrickt sind, um alle
jenen Rat, Trost sowie geistige und moralische Unterstützung zu bringen, die einen inneren Kampf gegen das Böse
führen.
Wie oft erinnern wir uns an die geistlichen Werke der Barmherzigkeit? Wohl selten! Die Werke der Barmherzigkeit
sind Liebestaten, durch die wir unserem Nächsten nicht nur in seinen leiblichen, sondern auch geistlichen
Bedürfnissen zu Hilfe kommen: Belehren, raten, trösten, ermutigen, sowie vergeben und geduldig ertragen. Als
Kirche müssen wir uns immer um die Armen und Sünder besonders aktiv kümmern. Wir müssen uns der neuen
Dimension der Nöte in aller Welt bewusst werden: Der geistlichen und der leiblichen Not. Das sind:
Glaubensmangel, die Verachtung der aus dem Glauben quellenden Praktiken, Behinderungen, Tragen der
Verantwortung für die einer Sonderpflege bedürfenden Kranken, Witwe sein; ein Reicher sein, der den Lebenssinn
verloren hat, Alkoholsucht, Prostitution, die Unfähigkeit zur Überwindung von Schwierigkeiten…
Gott ist Mensch geworden, damit wir Ihm im Nächsten, im Bruder im anderen Menschen begegnen können. "Das
Sakrament des Bruders!" Der Papst will und bittet uns darum, das das Sakrament, das der Nächste verkörpert, zu
"einem Weg der Kirche" wird. Der heilige Augustin hat gesagt "Timeo Deum transeuntem" – ich habe Angst vor dem
vorbeikommenden Gott. Seien wir besorgt, dass Gott nicht unbemerkt in einem Menschen an uns vorbeikommt. Auf
die Qualität dieses Treffens kommt unsere Ewigkeit an. "Alles, was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan
habt, das habt ihr mir getan" (Mt 25, 40, 45). Wir werden nach der Liebe gerichtet werden! Die Eucharistie sollte uns
für das Leben für die anderen, für die Familie, für die Gesellschaft, für die Menschheit erziehen – sollte durch uns
die Erde in den Himmel umwandeln. Stellen wir uns einmal die Frage: Bin ich ein richtiger Zeuge meiner heiligen
Kommunion bisher gewesen? Begehre ich mit Christus das tägliche Brot für die anderen zu werden?